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Der Dünndammbereich war bei der Untersuchung bislang eine Art Blackbox

Ein Interview mit Priv.Doz. Dr. Katrin Neubauer-Saile über neue Untersuchungsmöglichkeiten im Darmbereich

Dernbach. (wt) Chronische- und Krebserkrankungen im Darmbereich nehmen zu. Für die Behandlung von bösartigen Veränderungen ist die Früherkennung besonders wichtig. Wir sprachen mit Privatdozentin und Chefärztin Dr. Katrin Neubauer-Saile vom Dernbacher Herz-Jesu-Krankenhaus über moderne Untersuchungsmöglichkeiten.

Welche Möglichkeiten der Vorsorgeuntersuchungen gibt es im Bereich der Darmkrebserkrankungen?

Priv.-Doz. Dr. Neubauer-Saile: Es besteht seit einigen Jahren die Möglichkeit, auf schmerzlose Art und Weise die Darmspiegelung durchzuführen. Die Darmspiegelung macht es möglich, rechtzeitig die Vorstufen des Darmkrebses zu erkennen. Es ist nämlich wissenschaftlich bewiesen, dass sich Darmkrebs in den aller häufigsten Fällen aus den Vorstufen, den sogenannten Polypen, entwickelt. Diese Vorstufen kann man  im Rahmen der Darmspiegelung nicht nur erkennen, sondern auch entfernen. Man trägt den Polyp ab. In einer anschließenden feingeweblichen Untersuchung dieses Gewebes wird die Abtragung auf Vollständigkeit geprüft. Das Risiko, dass der Patient an dieser Stelle Darmkrebs bekommt, ist nach dieser Behandlung sehr gering.

Das bedeutet also, dass der Eingriff für den Patienten auch wesentlich schonender ist, weil keine Operation notwendig ist?

Priv.-Doz. Dr. Neubauer-Saile: Ja, so ist es. Das kann man ohne Operation machen. Die Patienten kommen vorbereitet, das heißt mit leerem Darm und können wenige Zeit später wieder nach Hause gehen. Dieser Eingriff wird ambulant durchgeführt und ist für den Patienten aufgrund entsprechender Sedierung quasi schmerzlos. Bei größeren Polypen ist jedoch in der Regel eine stationäre Aufnahme erforderlich.

Die stationäre Aufnahme wäre dann wohl erst recht wichtig für Patienten, die bereits eine Erkrankung haben. Gibt es bei diesen Patienten dennoch auch ambulante Untersuchungsmöglichkeiten?

Priv.-Doz. Dr. Neubauer-Saile: Speziell für diese Patienten gibt es neue, moderne Geräte. Mit einer sogenannten Schalluntersuchung von innen kann der Arzt  jetzt besser entscheiden, welche Therapie am besten geeignet ist, d.h. man kann die sogenannte stadiengerichtete Therapie durchführen, die abhängig ist von der Größe des Tumors im lokalen Befund. Das heißt wir Ärzte müssen feststellen, wie stark der Tumor bereits in die Tiefe gewachsen ist. Das können wir mit Hilfe des Schallgerätes feststellen. Ein Endosonografiegerät, übrigens die modernste Version, die derzeit auf dem Markt zu haben ist, misst dabei von innen die Dichte des Tumors. Damit wird es ermöglicht, die Tiefe einer Veränderung zu sehen. Doch man kann  mit dem Gerät auch schon weiter diagnostizieren. Das erzeugte Elastogramm ermöglicht  bei der Messung der Dichte das Gewebe zu unterscheiden. Ist es beispielsweise entzündlich, dann ist es etwas weicher, oder geschwollen. Bösartige Knoten wiederum sind harte, wuchernde Zellen. Die Möglichkeit der Unterscheidung bereits während der Untersuchung ist ein riesiger Fortschritt.

Wir groß sind die Erfolgsaussichten bei einer bösartigen Erkrankung?

Priv.-Doz. Dr. Neubauer-Saile: Die Erfolgsaussichten sind abhängig von dem Stadium der Erkrankung. Man kann die Patienten in Abhängigkeit ihres Tumorstadiums mit einer erfolgreichen Minimaltherapie behandeln. Man betrachtet hier eine 5-jährige Überlebensrate. Tritt innerhalb dieser Zeit kein Tumor mehr auf, kann man von Heilung sprechen. Aber wie gesagt, dass Stadium, d.h. u.a. die Größe des Tumors ist für einen Erfolg entscheidend. Die Feststellung des Stadiums steht daher zu Beginn einer sinnvollen Diagnostik und Therapie, die dann zur frühzeitigen Entscheidung des Umfangs der Behandlung führt. So muss je nach Stadium auch nicht immer eine Chemotherapie mit entsprechenden Nebenwirkungen notwendig sein. Auch wenn diese Vorgehensweise bereits die Therapie betrifft, so ist die möglichst frühzeitige Erkennung bösartiger Veränderungen und damit noch ein Befund im Stadium I auch Teil der Früherkennung.

Dies betrifft bösartige Veränderungen. Können diese Untersuchungen auch bei anderen Darmerkrankungen eingesetzt werden?

Priv.-Doz. Dr. Neubauer-Saile:  Ja, hier liegen mir besonders die entzündlichen Behandlungen von Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa am Herzen, die auch junge Menschen betreffen und zu einer lebenslangen Medikamenteneinnahme führen. Um die Nebenwirkungen von Cortison als Entzündungshemmer zu minimieren, ist uns die optimale Einstellung wichtig. So wenig wie möglich, aber soviel wie nötig. Auch auf die regelmäßige Nachsorge sollte  wegen speziell bei Colitis Ulcerosa bestehenden erhöhtem Darmkrebsrisiko  großen Wert gelegt werden. Ein weiteres  zur Verfügung stehendes Gerät für den Dünndarmbereich ist der Single-Ballon. Der Dünndammbereich war bei der Untersuchung bislang eine Art Blackbox. Mit den herkömmlichen Untersuchungsmethoden konnten man maximal etwa 20 Zentimeter des Dünndarms untersuchen. Jetzt aber ist es möglich die gesamten 5 bis 7 Meter in Augenschein zu nehmen.

Sind die Untersuchungen auch bei Kindern möglich?

Priv.-Doz. Dr. Neubauer-Saile: Hier sprechen Sie einen wichtigen Bereich an. Man  kann  mit den Geräten auch Kinder untersuchen.